Die Einzigartigkeit ihrer Einheit

Willem Johannes Ouweneel

© CLV, online seit: 18.03.2006, aktualisiert: 13.07.2018

Dieser Punkt entspringt direkt der Einzigartigkeit der Entstehung der Bibel. Wie konnten so viele Verfasser aus so vielen Generationen von solch total verschiedenen Hintergründen und Umgebungen ohne jede Absprache ein Werk schreiben, das so vollkommen in seiner Einheit ist? Betrachten wir es von einer anderen Seite: Stellen wir uns vor, dass zehn der berühmtesten Schriftsteller der Erde, die dieselbe Lebensweise haben, derselben Generation angehören, dieselbe Kultur haben, dieselben Auffassungen vertreten, am selben Ort wohnen, sich in der gleichen Gemütsverfassung befinden und dieselbe Sprache sprechen, dass diese also etwas schreiben wollen über ein umstrittenes Thema – würde das Geschriebene dann miteinander übereinstimmen? Das ist unmöglich. Aber wie kommt es dann, dass das in der Bibel wohl der Fall ist?

Beachten wir, dass die Bibel über Hunderte von umstrittenen Themen spricht (Themen, über die sehr unterschiedliche Meinungen bestehen). Die Autoren der Bibel schreiben über Geschichte, Theologie, Philosophie, über den Kosmos, die Natur und über den Menschen; sie schreiben „gewagte“ Prophezeiungen, Lebens- und Reisebeschreibungen. Sie scheuen sich nicht, die schwierigsten und tiefsinnigsten Themen anzuschneiden. Darüber konnten sie unmöglich miteinander beraten. Aber woher kommt dann diese Harmonie und Einheit in der Bibel? Oft haben Menschen gemeint, Unterschiede und Widersprüche gefunden zu haben (wir werden noch einigen begegnen). Aber es scheint, dass sie dann nicht gewissenhaft genug gelesen oder den Kontext (d.h. den Textzusammenhang) und den Hintergrund des Geschriebenen außer Acht gelassen haben. Wo sie (oft sehr naiv) Widersprüche zu sehen glaubten, stellten sich diese oft nur als verschiedene Aspekte ein und desselben Themas heraus, die einander wunderbar ergänzen. Alle Streitigkeiten über die Bibel haben nur dazu geführt, dass ihre perfekte Harmonie sich noch deutlicher abzeichnete.

Natürlich behaupten wir hier Dinge, die im Grunde noch bewiesen werden müssen. Aber wir müssen einmal irgendwo anfangen, und die Harmonie der Bibel kann sich erst als echt erweisen nach ihrem gründlichen Studium. Der Leser muss hier selbst auf Entdeckungsreise gehen. Er wird dabei feststellen, was Millionen vor ihm entdeckten: Die Bibel ist eine wunderbare Einheit. Sie besteht nicht aus wahllos zusammengewürfelten verschiedenen Werken, sondern da ist eine Einheit, die das Ganze miteinander verbindet. Das ist auch wichtig für die Bibelauslegung. Genau wie jeder Teil des menschlichen Körpers nur richtig erklärt werden kann im Zusammenhang mit dem Rest des Körpers, so kann auch der einzelne Teil der Bibel nur im Zusammenhang mit dem Rest der Bibel richtig ausgelegt werden. Es gibt wohl kaum eine Regel in der Exegese (Bibelauslegung), die so oft übertreten wird wie diese (und das völlig achtlos).

Der „rote Faden“, der sich durch die ganze Bibel zieht, verdeutlicht ihre Einheit. Von der Genesis bis zur Offenbarung geht es um die großen Fragen „Wer ist Gott?“ und „Wer ist der Mensch?“. Darauf folgt die wichtige Frage: „Gibt es die Möglichkeit einer Verbindung zwischen Gott und dem Menschen, und wenn ja, wie?“ Die Einzigartigkeit der Bibel besteht darin, dass sie in der Beantwortung dieser Fragen nicht auf ein liturgisches Programm oder eine Reihe religiöser Verpflichtungen hinweist – ein Mensch kann den Forderungen Gottes sowieso nie ganz gerecht werden –, sondern auf eine Person: Jesus Christus; Er ist der einzig wahre Weg für den Menschen zu Gott. Das ganze Alte Testament weist im Grunde, sei es durch Bilder, sei es durch direkte Verheißungen, auf diese Person hin, und das Neue Testament zeigt uns die Erfüllung der Verheißungen und die Bedeutung und Folgen des Kommens Christi. In dieser Einheit ihrer Thematik ist die Bibel einzigartig. Nur dadurch ist es auch möglich geworden, aus der Bibel eine zusammenhängende und konsequente christliche Lehre aufzubauen.

Vorheriger Teil Nächster Teil


Aus So entstand die Bibel, CLV, 1992,
von Prof. Dr. W.J. Ouweneel und W.J.J. Glashouwer
www.clv.de


Hinweis der Redaktion:

Die Redaktion von Faszination Bibel ist für die Veröffentlichung des obenstehenden Artikels verantwortlich. Sie ist dadurch nicht notwendigerweise mit allen geäußerten Gedanken des Autors einverstanden (ausgenommen natürlich Artikel der Redaktion) noch möchte sie auf alle Gedanken und Praktiken verweisen, die der Autor an anderer Stelle vertritt. „Prüfet aber alles, das Gute haltet fest“ (1Thes 5,21).